Tipps für den Bau von Nisthilfen für Wildbienen


Seit ein paar Jahren hat sich das Thema „Insektenschwund“ in der Medien-Berichterstattung einen der ersten Plätze erobert. Tatsache ist: Aufgrund einer Vielzahl von Faktoren ist die Masse der in Deutschland lebenden Insekten seit den 1980er Jahren um ca. 75% gesunken.

Spätestens seitdem möchten viele Menschen dazu beitragen, heimischen Insekten ein Stück Lebensraum zur Verfügung zu stellen. Bau- und Pflanzenmärkte bieten hierfür so genannte „Insektenhotels“ zum Kauf an. Auch Mitglieder von Vereinen bauen häufig solche „Insektenhotels“ und wenden dafür viel Zeit und ehrenamtliches Engagement auf im Bewusstsein, dem Insektenschwund entgegen zu wirken.

Die meisten "Insektenhotels" taugen nichts!

Leider entpuppen sich aber die allermeisten der gekauften oder selbst gebauten und befüllten „Insektenhotels“ als Fehlkonstruktion und bleiben leer, wie zum Beispiel das folgende:

Ein "Insektenhotel", wie es sinnloser nicht sein könnte: falscher Standort und Füllung mit ungeeigneten Materialien. - Foto: W. Pohl
Ein "Insektenhotel", wie es sinnloser nicht sein könnte: falscher Standort und Füllung mit ungeeigneten Materialien. - Foto: W. Pohl

Nisthilfen - für welche Insekten eigentlich?

Bevor man aktiv wird, ist es wichtig zu wissen, welche Arten von Insekten eine Nisthilfe im Garten überhaupt brauchen. Die Antwort: nur die Wildbienen, denn:

  • Um Honigbienen kümmern sich bereits die Imker.
    • Von den mehr als 180 heimischen Schmetterlingsarten überwintern nur 6 als Schmetterlinge, der Rest als Ei, als Raupe oder als Puppe. Für diese 6 Schmetterlingsarten gibt es in der Natur und auch in Siedlungsräumen genug Überwinterungsquartiere. Schmetterlingsfächer in Insektennisthilfen sind also völliger Unsinn.
    • Lieblingsmahlzeit von Marienkäfern sind Blattläuse. Sie überwintern in Laubstreu, Hecken, Höhlen oder Schuppen. In der Landschaft und im Garten finden sie genügend Unterschlupf, wenn der Garten entsprechend gestaltet und nicht leergeräumt ist.
    • Ohrenkneifer und Florfliegen sind Nützlinge und Freunde jedes Gartenbesitzers, denn auch sie vertilgen Blattläuse. Beide Insektenarten sind aber gar nicht bedroht und finden in Ritzen von Mauern und am Boden bessere Verstecke. Wenn man will, kann man Ohrenkneifern in einem aufgehängten, umgedrehten und mit Stroh oder Holzwolle gefüllten Blumentopf ein Refugium anbieten. Florfliegen stellen sich von ganz alleine ein, wenn der Garten von Blattläusen befallen ist.
    • Viele Käfer leben im Sand, im Erdboden oder im Totholz und ernähren sich von abgestorbenem pflanzlichem Material oder Tierkadavern. Sie sind also ein wichtiger Bestandteil im biologischen Kreislauf. In einem lebendigen, nicht leergeräumten Garten fühlen sie sich wohl und brauchen keine spezielle Nisthilfe.

Bedeutung und Bedürfnisse von Wildbienen

Rotpelzige Sandbiene (Andrena fulva). Foto: Helge May
Rotpelzige Sandbiene (Andrena fulva). Foto: Helge May

Wildbienen sorgen neben Honigbienen und Schmetterlingen, aber auch anderen Insekten, für die Bestäubung zahlreicher Pflanzen. Wir Menschen brauchen diese unschätzbare Leistung, weil ungefähr ein Drittel der globalen Nahrungsproduktion hiervon abhängt. Durch eine Vielzahl von Umweltfaktoren, insbesondere durch eine industriell betriebene Landwirtschaft, finden heute aber immer weniger Insektenarten Nahrung und Unterschlupf.

 

In Deutschland kommen 550 Wildbienenarten vor, zu denen auch die Hummeln zählen. Anders als die Honigbienen bilden die meisten Wildbienen keine Staaten, sondern führen ein Leben für sich allein als Solitärbiene.

 

Nicht wenige dieser Arten brauchen ein ganz spezielles Lebensumfeld, um sich vermehren zu können. Hochspezialisierte Bienen fliegen zum Beispiel nur eine einzige Pflanzenart an. Fehlt diese, weil sie als „Unkraut“ durch Herbizide vernichtet wurde, sterben auch die auf sie angewiesenen Bienenarten. Mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Wildbienenarten gilt inzwischen als bestandsgefährdet oder sogar ausgestorben.

 

Etwa 70% der Wildbienenarten leben im Erdboden. Hummeln z.B. besetzen gerne verlassene Mäusenester. In der Natur bauen die übrigen 30% ihre Nester oder legen ihre Eier in Mauerritzen, morsches Totholz, ins Mark von Pflanzenstängeln, in Lehmwände oder in Bohrgänge, die Käfer ins Holz von Bäumen gefressen haben.

Nistmöglichkeiten für Wildbienen schaffen

Folgende Grundregeln sollten Sie beachten:

  • Sorgen Sie dafür, dass in Ihrem Garten oder auf Ihrem Grundstück heimische Pflanzen wachsen, die nach und nach vom Frühjahr bis in den Spätherbst blühen. Listen mit geeigneten Stauden, Sträuchern und Bäumen erhalten Sie zum Beispiel vom NABU.
  • Verwenden Sie auf keinen Fall Gift im Garten!
  • Bieten Sie Nahrung und Unterschlupf für unterschiedliche Arten von Wildbienen an.

Füllmaterialien für eine Wildbienen-Nisthilfe

Der Rahmen einer Wildbienen-Nisthilfe sollte mindestens 6 und höchstens 20 cm Innentiefe haben. Diesen Rahmen können Sie mit den folgenden Materialien füllen - oder auch nur einem einzigen davon:

 

Hartholzabschnitte mit Bohrlöchern

 

Gut geeignet dafür sind durchgetrocknete, unbehandelte Balken-, Stamm– oder Astabschnitte z.B. von Eiche, Buche, Esche, Erle oder Obstbäumen. Bohren Sie Löcher mit Durchmessern zwischen 2 und 9 mm, kleinere Durchmesser sollten überwiegen. Faustregel: Durchmesser in Millimetern entspricht Bohrtiefe in Zentimetern. Bohren Sie grundsätzlich quer zur Faser (also von der Rinde her, nicht ins Hirnholz). Glätten Sie die Bohrränder, damit sich die Bienen beim Hineinkriechen in die Bohrlöcher nicht die Flügel verletzen!

 

Bambus– oder Schilfgrasabschnitte

 

Bambus wächst in vielen Gärten und muss ohnehin regelmäßig zurückgeschnitten werden. Die Bambusabschnitte müssen an einer Seite verschlossen sein; nur diese nehmen die Bienen an. Also: jeweils an den Knoten durchsägen. Dann die Sägeränder glätten. Die Knotenverdickung dann am besten plan schleifen.

 

Schilfgras ist in Form von Sichtschutzmatten preiswert im Baumarkt erhältlich. Das Problem ist das Zuschneiden, da Schilf splittert und sich die Räder nicht glätten lassen. Wird dennoch von Wildbienen besiedelt.

 

Durchgetrockneter Lehm oder Ton

 

Es gibt im Handel fertige „Bienensteine“ aus gebranntem Ton mit Löchern. Diese kann man einzeln aufhängen oder auch in eine größere Nisthilfe integrieren.

 

Einzelne Fächer kann man auch mit Lehm füllen, der gut durchtrocknen muss. Löcher mit unterschiedlichem Durchmesser entweder mit Stäbchen in den feuchten Lehm stechen oder mit der Bohrmaschine in den ausgehärteten Lehm bohren.

 

Beispiel einer mittelgroßen Wildbienen-Nisthilfe mit einer Füllung aus Hartholz-, Balken– und Astabschnitten, Bambusröhrchen und einem integrierten Bienenstein

Die Füllung sollte zum Schutz vor Spechten abschließend mit einem Drahtgeflecht geschützt werden.

 

Standort: Bibelgarten bei der Alexanderkirche in Wildeshausen

Foto: W. Pohl

 

 

 

Woran Sie sonst noch denken könnten

Hängen Sie markhaltige Stängel (z.B. Brombeerranken) seitlich senkrecht an der Bienennisthilfe auf. Bestimmte Bienenarten nagen sich selbst in das Mark ein. Also: nicht anbohren!

 

Als Füllmaterial sehr gut geeignet sind auch senkrecht gestellte Strangfalzziegel. Das sind aus Ton gebrannte Dachziegel, die längs von Hohlkammern durchzogen sind. In diesen Gängen nisten Mauerbienen sehr gerne. Leider erhält man diese Ziegel im Baustoffhandel nur sehr schwer oder gar nicht mehr, da es sich um eine historische Ziegelform handelt.

 

Legen Sie in Ihrem Garten eine Trockenmauer an, entweder separat oder z.B. als Kräuterspirale. Diese Mauer besteht aus übereinander geschichteten Natursteinen, die durch ihr Eigengewicht halten und nicht mit Mörtel verbunden oder verputzt sind. Auch hier siedeln sich bestimmte Bienenarten (und andere Insekten) an. In die Zwischenräume gepflanzte Blütenpflanzen dienen den Insekten gleichzeitig als Nahrungsquelle. Ein einfacher Steinhaufen erfüllt den gleichen Zweck.

 

Denken Sie an die Bienenarten, die im Boden nisten! Legen Sie für sie eine Sandfläche (ca. 1 m tief) an oder stellen Sie ersatzweise mit Sand gefüllte tiefe Blumenkästen an einer sonnigen Stelle im Garten auf.

 

Sorgen Sie dafür, dass Bienen und Schmetterlinge in Ihrem Garten genügend Nahrung finden. Pflanzen oder säen Sie geeignete heimische Blühpflanzen, und lassen Sie eine Ecke Ihres Gartens gezielt verwildern. Etwa 50 Schmetterlingsarten „fliegen“ zum Beispiel auf … Brennnesseln! - Behandeln Sie Ihren Garten nicht nach den gleichen Ordnungsvorstellungen wie Ihr Wohnzimmer.

 

Schneiden Sie im Herbst die Stängel von verblühten Pflanzen nicht ab. Wildbienen nutzen sie gerne, um dort als Biene oder als Puppe zu überwintern. Blühender Efeu ist für Bienen und Schmetterlinge die letzte Nahrungsquelle im Jahr.— Also: Rückschnitt von Hecken und vertrockneten Pflanzen erst nach dem Winter!

 

Achten Sie darauf, dass Insekten auch Totholz in Ihrem Garten finden. Gut geeignet dafür sind z.B. Abschnitte von Baumstämmen oder Äste vom Obstbaumschnitt - natürlich nur, wenn sie nicht von Krankheiten befallen sind.

 

Ein radikaler Tipp zum Schluss

Wenn Sie im Baumarkt ein „Insektenhotel“ mit einer sinnlosen Füllung gekauft haben, zögern Sie nicht: Werfen Sie als erstes all den unnützen Plunder raus (Stroh, Holzwolle, Kiefernzapfen, Holzschnitzel, Röhrchen mit splitterigen Bohrrändern, …).

Nutzen Sie dann den Rahmen, um ihn mit angemessenen Füllmaterialien zu bestücken.— Viel Erfolg!